Holger Miertsch, Leiter des Orchesters „grenzenlos“ Luckau

Das Geheimnis von Schlabendorf

Als die Vorsitzende des Vereins „Musik und Leben“ e.V. Luckau, Frau Karin Bieber, an mich heran trat und mir mitteilte:  „Du, in Schlabendorf läuft da eine ganz große Sache von der IBA“ – hatte ich die IBA und ihre Kunstprojekte nur am Rande wahrgenommen. Mit Schlabendorf rückte ein Nachbarort in unser Blickfeld. Kohleabbau, Umsiedlung, dann doch kein Abriss, Seenlandschaft – das waren Themen, die jeden in unserer Gegend bewegten.

Als erstes kam dann der Kontakt mit Hazel Leach, der Komponistin der zeitgenössischen Dorfmusik, zu Stande und es war sofort eine künstlerische und menschliche Ebene da. Ich spürte gleich: Hier ist jemand, der kommt nicht von oben herab und drückt uns etwas auf, sondern Hazel hörte zu, nahm meine Anregungen auf und schuf eine Musik, die ich in höchstem Maße wertvoll finde. Unser Orchester nimmt in der Dramaturgie des Gesamtwerkes einen Platz aus der jüngeren Geschichte von Schlabendorf ein. Wir gestalten musikalisch die DDR-Zeit und führen die Zuschauer mit einer Zampermusik zum neu entstandenen Hafen und gestalten dort mit vielen anderen Musikern das Finale. So spannen wir den musikalischen Bogen über etwa 60 Jahre Dorfgeschichte. Die Musik spiegelt im ersten Teil die Verhältnisse in der DDR wider, ohne diese Zeit zu verunglimpfen. Der Sozialismus ist ein Bestandteil der Lebensgeschichte der mittleren und älteren Generation und eine faire Auseinandersetzung mit unserer eigenen Vergangenheit lässt uns aus Fehlern lernen, aber auch Gutes dankend bewahren. In der Zampermusik spürt man das Festhalten an alten Traditionen, den Kampf und die Hoffnung für das Überleben des Ortes und die unverwüstliche Gemütlichkeit der Menschen unseres Landstriches. Im Finale, dem Hafenlied, wird der Traum der Menschheit nach Frieden, Ruhe und Sesshaftigkeit Musik.

Diese zeitgenössische Dorfmusik ist aus musikalischer Sicht nicht ein wildes Experimentieren mit Tönen, um unbedingt etwas Neues zu schaffen, sondern ein Werk, das für und mit Menschen geschaffen wurde. Anfangs traf das Projekt nicht bei allen Musikern auf Unterstützung. Aber mit jeder Probe, in der die Musik klangvoller wurde, wuchs auch das Verständnis für den Ideengehalt dieses Werkes.

Für unser Orchester bot sich durch dieses Projekt die Möglichkeit, mit vielen Musikern aus unserer Region und dem Ausland zusammen zu arbeiten und die Arbeitsweise professioneller Künstler kennen zu lernen. Die Zusammenarbeit mit Jürg Montalta, Hazel Leach, Moritz von Rappard, Rene Gottschalk und allen Mitwirkenden aus und um Schlabendorf und bei der IBA ließ uns zusammen wachsen. Diese Kraft ist das größte „Geheimnis von Schlabendorf“.

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Hazel Leach
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